Moni bleibt antifa

Ein Einblick in unseren Struggle

Seit einem Monat besetzen wir jetzt schon den Seehausener Forst und seitdem hat sich eine Menge getan. Es gibt inzwischen mehr als 10 Strukturen in den Bäumen. Keins von uns hat damit gerechnet, das wir so schnell wachsen würden, als wir uns vor einigen Wochen das erste Mal irgendwo in der Altmark zusammen gefunden haben, und ausgeheckt haben, wo wir die ersten Plattformen hochziehen werden.
Wir haben eine Menge Besuch und Unterstützung von den Menschen aus den umliegenden Orten bekommen, z. B. ist unser Kartoffelvorrat immer voll, was uns einfach nur enthusiastisch stimmt !

Es gab aber auch einige Besuche von Autobahnbefürworter*innen, die teils nur zum diskutieren vorbei gekommen sind, teils aber auch von offen Rechtsextremen, die aggressiv am Pöbeln waren. Dabei ist es auch ein paar Mal zu akuten Bedrohungssituationen gekommen.

Während die strukturellen Probleme der Region und die Entwicklung und Ausbreitung rechtsextremer Strukturen jahrzehntelang auf lokaler und Bundesebene ignoriert wurden, ist durch die Besetzung, ein weiterer Ort entstanden, an welchem dies offen sichtbar wird und auch eine neue Aufmerksamkeit in der Klimagerechtigkeitsbewegung bekommt.

Die Situation im Wald

Das Thema Autobahn polarisiert die Region. Viele Menschen kommen an den Ort der Besetzung, neben Unterstützer*Innen, Autobahngegner*Innen, Polizei, Medien und einfach nur Schaulustigen kommen auch pöbelnde alkoholisierte meist junge Männer bis hin zu aggressiven Faschos, die uns verbal und physisch bedrohen. Dabei ist es für uns manchmal schwierig zu unterscheiden, wer uns aus welchen Beweggründen besucht. Soweit das möglich ist, versuchen wir in einen Dialog zu treten und auch mit Autobahngegner*innen zu diskutieren. Mit vielen Leuten konnten wir uns auch in ein paar Punkten einigen und jeweils Verständnis für die gegenseitigen Probleme und Ansichten schaffen. Nicht alle, die für den Bau der Autobahn sind, sind gegen unsere Ansichten. Es ist absolut verständlich, dass – wenn mensch hier auf dem Land lebt, wo es nicht viele Jobs gibt und jeden Tag nach Magdeburg zum Arbeiten fahren muss – mensch sich die Autobahn wünscht. Es sind oft existentielle Themen, Ängste, Abhängigkeiten und Hoffnungen die über die Autobahn-Debatte ausgetragen werden. Mit vielen dieser Menschen hatten wir lange intensive Diskussionen und einmal haben ein paar Leute, die für den Bau der A14 sind uns sogar dabei geholfen, ein Baumhaus hochzuziehen. Durch diese Besetzung entstehen neue Räume für Austausch und Diskussionen und Begegnungen, und damit haben wir ein Ziel schon mal erreicht.

Doch nicht mit allen macht es Sinn zu diskutieren.

Es gab auch zahlreiche Besuche, von Leuten, die ihre extrem rechte Gesinnung offen gezeigt haben, und aufgrund unserer politischen Grundhaltung als Anarchist*innen, Antifaschist*innen uns feindlich gesinnt sind.
Mit unserer Besetzung gibt es einen neuen Ort in dieser Gegend, wo viele soziale Konflikte aufbrechen. Wir haben zum Teil auch versucht, mit diesen Leuten zu reden, meistens waren dann Menschen dabei, die gleichzeitig gezeigt haben, dass wir auch bereit sind uns selbst zu verteidigen.
Es gab einen Vorfall wo eine Person mit einer Spitzhacke bedroht wurde. Einmal wurde versucht Menschen mit einem Auto anzufahren, und danach wurden diese Menschen mit Baseballschlägern verfolgt. Außerdem gab es Gruppen die spät in der Nacht mit Böllern und mit Stöcken bewaffnet versuchten uns einzuschüchtern. Nachdem einfacher Zwang gegen den Angreifenden eingesetzt wurde hat sich die Situation beruhigt.
Unsere Strategie ist es zu versuchen zu deeskalieren und gleichzeitig zu zeigen, dass wir bereit sind uns und diesen Ort zu verteidigen.


Die Situation in der Mahnwache in Seehausen

Am häufigsten war bisher der Bahnhof in Seehausen zur Zielscheibe von rechten Angriffen geworden. Jeden Freitag findet dort eine Mahnwache statt. Der Bahnhof wird zudem als Infoladen und Treffpunkt genutzt. Er wurde schon mehrmals angegriffen, auch als Menschen im Gebäude waren.
Es wurde randaliert, und Inneneinrichtung zerstört, es gab einen Brandanschlag, welcher nur Minuten bevor das ganze Gebäude in Flammen aufgegangen wäre, gelöscht werden konnte. Am Abend nach der AfD-Demo vor dem Bahnhof stürmten 10 Personen das Bahnhofsgebäude und zündeten eine selbst gebaute Rohrbombe, während Menschen im Bahnhof waren. Einige Tage später wurde in lokalen Medien die Meldung verbreitet, dass es ‚nur‘ ein Böller gewesen sei, inzwischen hat die Polizei aber zugeben müssen, dass dies nicht stimmt, und es sich um einen selbstgebauten Sprengsatz handelt.

Der Bahnhof ist schwerer zu verteidigen, da er einfacher erreichbar ist. Dennoch ist es wichtig, diesen Ort der Begegnung zu erhalten und zu einem offenen und einladenden Freiraum aufzubauen, um die Möglichkeit zu schaffen, mit Seehausener*innen ins Gespräch zu kommen.


Antifaschismus bleibt Handarbeit

Ob BRD oder DDR, Staat und „Demokratie” schreiben sich nur allzu gerne Antifaschismus auf die Fahnen ohne tatsächlich irgendetwas zur Bekämpfung von faschistischen Strukturen und Ideologien zu tun. Im Gegenteil, staatliche Strukturen sind eifrig dabei mörderische faschistische Organisationen mitaufzubauen und zu decken, sei es der NSU, NSU 2.0 oder z. B. das Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr. Wir können uns nicht auf staatliche Institutionen verlassen, denn neben den unzähligen „Einzelfällen” bei Polizei und Militär, sitzen Parteien die offen menschenverachtende Positionen vertreten im Parlament und Regierung. Ein Rechtsruck geht durch Deutschland und während bei Anti-Corona Protesten zehntausende Menschen neben Rechtsextremen und Neo-Nazis marschieren, ermordet und schiebt der deutsche Staat Menschen ab, versorgt autoritäre Staaten mit Waffen und Rüstung und ignoriert, bzw. schützt die Existenz von faschistischen Netzwerken.

Viele von uns sind nicht nur hier um gegen den Bau der Autobahn zu protestieren, sondern weil wir einen Freiraum schaffen wollen, an dem wir sozialisierte Verhaltensmuster reflektieren und entlernen wollen. Wir wollen Machtstrukturen dekonstruieren, da sie die Grundlage der Unterdrückung und Ausbeutung von Menschen und Natur sind. Klimawandel und die Zerstörung der Umwelt sind keine separaten Themen, sondern Konsequenz kapitalistischer, patriarchaler, rassistischer und speziesistischer Ausbeutung.

Gerade auf dem Land, wo Faschist*innen ihre menschenverachtenden Ideologien oft ungehindert verbreiten und ihren Einfluss vergrößern, ist Antifaschismus dringend notwendig. Dazu gehört es auch linke und autonome Orte zu schaffen und zu verteidigen.

Wahrscheinlich wird es zu weiteren Konfrontationen und Angriffen kommen, aber wir wollen uns davon nicht kleinkriegen lassen! Es ist wichtig mit vielfältigen Taktiken und Aktionen dagegen vorzugehen und uns gegenseitig zu unterstützen und zu schützen und zu verteidigen.
Denn ohne Faschismus zu bekämpfen sind auch alle unsere anderen emanzipatorischen Kämpfe aussichtslos.

Unsere Waldbesetzung ist offen für alle, die respektvoll miteinander sind. Es braucht keine besonderen Fähigkeiten oder Wissen. Alle können vorbeikommen und sich nach ihren Stärken oder Bedürfnissen einbringen. 
No pasaran!

Dieser Artikel wurde von ein paar Menschen geschrieben und repräsentiert nicht die Ansichten der gesamten Besetzung.

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